Digijunkies.de

Reboot! Gut!

Tja Freunde, vier Jahre liegt der letzte Post zurück, den ich auf dieser Webseite selbst geschrieben und veröffentlicht habe. Dann kam gaaaaaaaanz lange Nichts! Ab und an mal ein verkauftes Stückchen Internet in Form eines gesponserten Posts – so waren zumindest die Kosten für den Server gedeckt. Aber eigentlich war diese Seite seit Ende 2012 klinisch tot. Quasi im Webseiten-Koma und somit für viele Webworker eine weitere Domainleiche, die man eigentlich schnell verkauft. Gut möglich, dass man auf DigiJunkies dann irgendwann das gefunden hätte, was man sonst so auf toten Seiten findet: Links zu gepanschtem Viagra…

Ich könnte jetzt mit viel Pathos sagen, dass es rein das Herzblut war, dass uns die Seite behalten ließ, aber das wäre gelogen. Und darum soll es auch in diesem Reboot-Post gehen:

Warum haben wir damals aufgehört und warum zur Hölle fangen wir jetzt wieder damit an?!

Ich gehöre in vielen Dingen nicht unbedingt zu Pionieren, habe jedoch immer das Glück, dass ich irgendeinen Pionier kenne, der mich mit seinem Scheiss ansteckt.
So geschehen damals auch beim Bloggen: Ich war nach erfolglosen Versuchen Rockstar zu werden dann endgültig in der Hotline einer grossen deutschen Bank gelandet, denn Sänger von unbekannten Bands verdienen keine Butterbrote. Aber kleine Kinder wollen sowas nun mal essen. Punkt aus. Rockstarkarriere also kurz gebremst und was „handfestes, ehrliches“ machen (haha Bankenwesen…).

In diesem Bankencallcenter habe ich dann meine ersten Bloggerkollegen getroffen (z.B. Stefan von AlterFalter oder Baynado). Lustigerweise war das Callcenter ein Pool gescheiterter Existenzen, die entweder auch mal Rockstars werden wollten (Rockstars hab ich gleich drei getroffen), seit 26 Semestern Jura studieren und eigentlich nur nebenbei im Callcenter jobben (aber eigentlich genau wissen, dass sie weitere 26 Semester studieren und im Callcenter in Rente gehen), aber auch jede Menge Webworker, die eben nur in Teilzeit im Callcenter saßen um ein festes Einkommen zu haben.
Und noch viel wichtiger: Durch den festen Job waren wir alle sozialversichert. Das war also Blogger-sein mit Hintertür.
Manchmal – wenn wirklich wenige Leute anriefen (damals ging ja auch das Thema „Phishing“ erst langsam los…) – dann hatten wir quasi freie Hand. Die Chefs haben uns machen lassen (oder wussten eben nicht was wir da machen) und so haben wir ab und an auch mal während der Arbeitszeit gebloggt. Die Bank hat unsere Blogs zu Anfang also in gewisser Weise subventioniert 😉

Somit war der Grundstein gelegt. Wir haben uns in Kippenpausen getroffen und Strategien bequatscht oder neue Werbeplätze ausprobiert, denn als der Erste mit AdSense in seinem Blog startete brach bei uns allen Goldgräberstimmung aus.
Und ja, sie war sogar ne zeitlang echt berechtigt. In Spitzenzeiten hatte ich ein gutes Nebeneinkommen aus dem Blog.

Mittlerweile hatte ich auch meinen Bruder angefixt, der mit mir gemeinsam, dafür sorgte, dass unsere Seite 2008 so richtig abging. An vielen Tagen hatten wir nahezu 20.000 Besucher und dementsprechend viele Werbeaufrufe. Einmal, kurz vor Weihnachten, hat jemand mal einen Amazon-Link angeklickt und derjenige kam wohl aus einem Firmennetzwerk. Einen Monat lang wurden alle Bestellungen, die über diesen Cookie erfolgten, unserer Amazon-ID zugeschrieben. Das war der absolute Glücksfall: Am Ende gab es nen guten vierstelligen Betrag am Monatsende.

Aber wenn alles so toll ist, warum hört man dann auf??

Im Netz für Aufruhr sorgten wir damals, als wir wutentbrannt die Insolvenz eines Affiliate-Partners bekanntgegeben haben. Das war so mehr oder weniger der Anfang vom Ende. Wir waren damals als Brüdergespann schon kurz davor unsere normalen Jobs zu kicken und ausschließlich „in Web“ zu machen.
Haben weitere Blogs hochgezogen und wirklich gedacht: japp, damit geht was. Unter anderem haben wir einen ziemlich hässlichen Marmeladen-Blog, Seiten zum Thema Krankenpflege und weitere Nischen bedient.
Und dann kam es dann zum ersten fetten Schlag: Der insolvente Partner hat nie gezahlt und Monate voller Arbeit waren mehr oder weniger für den Arsch.
Mein Bruder warf kurz darauf entnervt die „Tastatur“ ins Korn und ich machte alleine weiter – immer noch in dem Glauben irgendwann davon leben zu können. Ich habe da erstmals gemerkt, dass das Business im Netz echt ein hartes Pflaster ist. Und Anwälte waren noch nie so mein Ding.
Ich habe das Geheule nach der Kohle und auch die Hoffnung darauf einfach drangegeben.

Der zweite fette Schlag war Facebook: Gemerkt hat man es zuerst am stetigen Rückgang der Zahlen nach Schulschluss. Immer wenn deutschlandweit die Schule gegen kurz nach eins endete, dann stiegen die Zahlen. Die Kiddies suchten nach der neusten Musik und den neusten Videos – und fanden das Zeug bei uns.
Aber nachdem sich Facebook immer mehr durchsetzte und man Videos und Links dort teilte, verliessen viele unserer Besucher die Facebookseite gar nicht mehr. Die neuste Single gab es eben meistens schon im Newsfeed eines Freundes. Unsere Seite war überflüssig…

Trotzdem: Ich wollte da noch nicht loslassen. Immerhin steckten da schon mehr als 5.000 Beiträge in der Seite und jede Menge Lebenszeit, die nicht von irgendeiner Bank subventioniert wurde.
Da hab ich ganz knallhart den Leben-Dispo angezapft 🙂

Ich habe die Frequenz der Beiträge beibehalten, jeden Tag erst 12 Stück, dann wurden es 8 und irgendwann 4. Aber trotzdem saß ich teilweise bis zu 8 Stunden an der Seite. Ich habe unter der Woche Beiträge geschrieben, die am Wochenende online gingen. Oder habe dann nach der Arbeit noch bis tief in die Nacht Beiträge gepinnt…immer weiter und immer weiter.

Und wenn man ehrlich ist: Eigentlich stand in den meisten Posts nur gequirlte Scheisse, denn wir wollten ja, dass die Leute über unsere Amazon-Links die CDs auch kaufen.
Im Grunde habe ich alles über den grünen Klee gelobt, ich hätte selbst ein gefurztes Album von einem Hund mit 5 Sternen bewertet, wenn man es dafür auf meiner Seite kauft.
Spaß machte es da aber schon nicht mehr.
Im Grunde konnte ich die Musik- und Spiele-Charts runterbeten, ich wusste jeden Scheiss zu jedem Promi, aber es hat mich nicht interessiert. Ich habe nur noch getippt wie ein Roboter.
Selbst Fehler waren mir irgendwann egal: Die Leute blieben ja eh nur kurz, warum also irgendwas auf Wahrheitsgehalt überprüfen??
Wenn das Geschriebene Käse war und man mich darauf hinwies, dann habe ich den Kram einfach gelöscht.

Das wird dann der dritte Pfeiler des Misserfolgs gewesen sein: Scheisse will einfach niemand lesen. Selbst die nicht, die zu blöd für Facebook sind 🙂

Und damit sind wir dann wieder am Anfang der Geschichte, denn der mittlerweile leicht angegraute Kiki hat mit Mitte Dreissig den Rockstartraum nicht aufgegeben und nochmal versucht zu starten. Da war dann irgendwann für die DigiJunkies einfach kein Platz mehr und ich habe urplötzlich mit dem Schreiben aufgehört.

Und ihr könnt euch gar nicht vorstellen was damit plötzlich für eine Last fiel. Die Seite war geworden wie ein kranker Angehöriger, den man täglich pflegen muss. Plötzlich stirbt derjenige und irgendwie entsteht eine Leere, aber gleichzeitig gewinnt man Freiheit. Vielleicht mag das ein morbides Beispiel sein, aber so habe ich mich gefühlt. Traurig, dass ich mein „Baby“ begraben muss, aber plötzlich gab es ein Leben ausserhalb der Blogwelt.

Der Digitalwelt bin ich als Mediengestalter und Programmierer treu geblieben und auch YouTube habe ich in Folge für mich entdeckt. Aber Blogs waren tot….

Jetzt nicht mehr so… aber dazu mehr im zweiten Teil.

(das wird mir hier zu lang und ausserdem siehts scheisse aus)

Teil 2: Neubeginn? Mit Sinn.


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Kommentare

2 Antworten zu „Reboot! Gut!“

  1. Nick

    Richtig coole Story – und schön zu sehen, dass es nicht nur bei einem selbst ein stetiges Auf und Ab ist.

    An zwei Stellen lag ich am Boden vor lachen:

    „Ich war nach erfolglosen Versuchen Rockstar zu werden dann endgültig in der Hotline einer grossen deutschen Bank gelandet“

    „ich hätte selbst ein gefurztes Album von einem Hund mit 5 Sternen bewertet, wenn man es dafür auf meiner Seite kauft.“

    Gold – einfach gold. 😀

    Ich bin gespannt, was hier künftig passieren wird.

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