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„Komm zur Ruhr“ – die neue Ruhrpott-Hymne von Grönemeyer

Er hat es wieder getan: Mehr als 25 Jahre nach seinem einmaligen Superhit "Bochum" hat Herbert Grönemeyer erneut ein Lied über seine Heimat geschrieben. Diesmal allerdings dabei weniger bezogen auf eine spezielle Stadt oder die geografischen Eigenarten der Region, diesmal steht eindeutig der Mensch, der Ruhrgebietler und seine Art im Fokus.

Ich persönlich sehe mich in gewisser Weise als "Potti". Ich arbeite im Ruhrpott und lebe an seinem Rand. Quasi genau an der Grenze Ruhrgebiet / Niederrhein, daher fühle ich auch eine gewisse Verbundenheit und erkenne mich in Teilen des Liedes sogar wieder. Grönemeyer hat es erneut geschafft alles in einem Song auf den Punkt zu bringen.
Entstanden ist der Song natürlich als eine Art Hymne auf seine zum Teil doch recht eigenbrötlerischen Mitmenschen, aber unter anderem hauptsächlich im Rahmen bzw. für den Festakt zu "Kulturhauptstadt 2010", der am vergangenen Wochenende auf der Zeche Zollverein stattfand. Dort stellte Grönemeyer seine neue Single "Komm zur Ruhr" erstmals vor. Geladen waren knapp 1200 Gäste, die bei klirrender Kälte auf dem Außengelände der Zeche feierten (übrigens gehört Zollverein in Essen zum Weltkulturerbe!).

Erstmals ist mit dem "Ruhrgebiet" im Jahre 2010 ein gesamtes Ballungsgebiet zur "Kulturhauptstadt" ernannt worden. Wer schon einmal hier war, kann das allerdings nachvollziehen, denn tatsächlich ist das Ruhrgebiet eine riesengroße, zusammenhängende Stadt. Man könnte dabei die einzelnen Städte wie Duisburg, Essen, Oberhausen und viele andere durchaus auch einfach als Stadtteile begreifen. Die Idee einer großen Ruhrmetropole mit dem Namen "Ruhrstadt" ist gar nicht soooo abwegig…
Bleiben wir aber bei Grönemeyer. Bei verschiedenen Diskussionen habe ich in den letzten Tagen bereits vernommen: "Viel besser wie Bochum"…
Sehe ich nicht so, ich finde beide Songs haben absolut ihre Berechtigung und passen in ihre jeweilige Zeit. Schön allerdings, dass nun endlich auch das gesamte Ruhrgebiet sein eigenes Lied hat: eine echte Ruhrpott-Hymne!

Doch es gab auch Skeptiker. Manche wollten in dem Text gar gelesen haben, dass er gar nicht von "Herbie" selber stamme. Zu sehr sei auch die Musik an Filmmusik angelehnt. Sicher ist, dass Grönemeyer für "Komm zur Ruhr" mit Alex Silva zusammengearbeitet hat, dieser hat sowohl für Herbie und andere mehr als namhafte Künstler gearbeitet, hat aber auch Musik für Filme geschrieben und produziert. Beim Text hat sich Grönemeyer u.a. auch auf die Meinung von Dendemänn verlassen, der in den "Credits" als Textberater zu finden ist.
Ebenso sollten sich viele Hörer klarmachen, dass "Komm zur Ruhr" als Auftragsarbeit entstanden ist, daher in dem Sinne also kein klassischer Grönemeyer-Song. Das Ruhrgebiet braucht und wollte eine Hymne, die hat es nun bekommen. Und eines ist ganz eindeutig: Es gibt nicht viele Menschen, denen man diese Hymne abnimmt, aus deren Mund sie noch authentisch klingt. Herbie ist so jemand!

Erschienen ist die neue Single "Komm zur Ruhr" als Download schon am 9. Januar. Nur knapp einen Tag danach war der Song an der Spitze sämtlicher Downloadhitlisten zu finden. Bei musicload, iTunes und auch Amazon MP3 konnte "Komm zur Ruhr" jeweils die Pole Position ergattern. Sehr anbei hier ein Video (nicht das Offizielle) zum Song und lest den kompletten Songtext / Lyrics.

Songtext / Lyrics – "Herbert Grönemeyer – Komm zur Ruhr"

Komm zur Ruhr
Wo ein raues Wort dich trägt,
Weil dich hier kein Schaum erschlägt
Wo man nicht dem Schein erliegt
Weil man nur auf Sein was gibt.
Wo man gleich den Kern benennt
Und das Kind beim Namen kennt
Von klarer offner Natur
Urverlässlich, sonnig stur
Leichter Schwur,
Komm zur Ruhr

Schnörkellos ballverliebt wetterfest und schlicht
Geradeaus, warm, treu und laut
Hier das Leben da der Mensch, dicht an dicht
Jeder kommt für jeden auf, in Stahl gebaut.
Und der Hang, zum dürretrockenen Humor
Und der Gang, lässig und stark
Wer morgens verzagt hat’s mittags längst bereut
Es ist wie es ist, es wird Nacht und es wird Tag.

Wo ein rauhes Wort dich trägt,
Weil dich hier kein Schaum erschlägt
Wo man nicht dem Schein erliegt
Weil man nur auf Sein was gibt.
Wo man gleich den Kern benennt
Und das Kind beim Namen kennt
Von klarer offner Natur
Urverlässlich, sonnig stur
So weit so pur,
Komm zur Ruhr.

Leute geben
Leute sehn
Sie bewegen
Sie verstehn.
Alle vom Flussrevier
Dass der Rhein sich neu genießt
Liegt an diesem Glücksgebiet
Alles fließt alles von hier

Wo ein Wort ohne Worte zählt,
Dir das Herz in die Arme fällt
Wo woher kein Thema ist
Man sich mischt und sich nicht misst
Wo man gleich den Kern benennt
Und das Kind beim Namen kennt
Von klarer offner Natur
Urverlässlich, sonnig stur
Das ist Ruhr,
Seelenruhr
Von schwerverlässlicher Natur
Urverlässlich, sonnig, stur
So weit, so ur
Seelenruhr.
Ich mein ja nur
Komm zu Ruhr


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Kommentare

6 Antworten zu „„Komm zur Ruhr“ – die neue Ruhrpott-Hymne von Grönemeyer“

  1. N.Hunter

    Seid stolz auf diese Ruhr-Hymne.
    Ich glaube jedes Gebiet in Deutschland ist neidisch auf diesen super Song!!!
    Grönemeyer grandios!

  2. Franz Firla

    Urverlässlich, sonnig stur

    Zur Ruhrpott-Hymne von Herbert Grönemeyer

    Der kleine Sänger zum Schluss der beschneiten Eröffnungsfeier zeigte sich einmal mehr als Sängerpoet. Vorsorglich ließ er den Text vorab veröffentlichen, weniger zum Mitsingen – diese modernen Pophymnen sind selten dazu geeignet – als vielmehr zum Vorab-Lesen, ist doch sein etwas bellender Gesangsstil einem Textverstehen nicht gerade förderlich. Schade eigentlich, denn das hat überraschend lyrische, gelegentlich sogar wortschöpferische Qualität, was Grönemeyer da reimt. (Bester Beweis: Google fragt bei der Eingabe von „urverlässlich“: Meinten Sie „unverlässlich“?)
    Die Kombination „sonnig stur“ muss einem auch erst mal als Charakteristikum des (alten?) Ruhrpöttlers einfallen.„Sonnig“ und „stur“ scheinen sich ja normalerweise auszuschließen. Selten verbreitet Sturheit wohlige Wärme. Deshalb stellt G. auch die Wortschöpfung „urverlässlich“ voran. Durch sie wird signalisiert, dass Sturheit (westfälisches Erbe?) hier keineswegs Unbelehrbarkeit oder gar kalte Zurückweisung, sondern eher ein gehöriges „Durchhaltevermögen trotz widriger Umstände“ meint, welches durchaus ein Gefühl wohliger oder vielleicht auch sonniger Geborgenheit zu vermitteln vermag. Aber er braucht natürlich die Verkürzung zu “stur“ auch deshalb, weil sie sich so schön auf das Titelwort reimt.
    Und das steht in „Komm zur Ruhr“ doch etwas verloren rum. Die simple touristische Aufforderung wirkt nach all der eher einfühlend-selbstgenügsamen Beschreibung eines Menschentyps doch etwas halbherzig. Was soll man auch da, wo sich alle in ihrer Schlichtheit und Sturheit sonnen, könnte der Nichtruhrpottler etwas überspitzt fragen. Ein sonniges Gemüt, wie man es dem Rheinländer gerne nachsagt, wirkt da jedenfalls weitaus einladender. Ja, man muss sie halt mögen, die Ruhris, mit oder ohne Hymne.

  3. Whykiki

    @Franz:

    Vielen vielen Dank für diesen in der Tat sehr gehaltvollen Kommentar.
    Würden mal mehr Menschen soetwas bei uns hinterlassen!

    Dankeschön!

  4. Diese „Ruhr Hymne“ ist ein grauenhafter Song voller erschreckend dürftiger Schüttelreim-Poesie, die kein noch so dämliches Ruhr-Klischee auslässt, obendrein zugekleistert mit bombastischem Orchesterarrangement und ohne den Hauch von Erinnerbarkeit über das sattsam bekannte Genäsele hinaus…

    Diesem Textausschnitt von motor.de kann ich mich nur anchließen. Hier findet man den gesamten Artikel: http://motor.de/s/DvDPA

  5. swanpride

    Ich bin eigentlich kein Grönemeyer-Fan, doch bei dieser Hymne war es so, dass ich sie nur einmal gehört habe und schon hatte ich einen Ohrwurm. Das mag tatsächlich auch daran liegen, dass bei mir als „Ur-Ruhri“ direkt die richtigen Seiten angeschlagen werden.

    Die Hymne überzeugt vor allem durch seinen Text, der mit treffenden Wortschöpfungen und intelligenten Wortspielen gespickt ist. Erwähnt wurde hier schon „urverlässlich“ und „Sonnig stur“. Ich möchte noch den „dürretrockenen“ Humor erwähnen, der ein schöner Hinweis darauf ist, dass man hier auch in schlechten Zeiten sich seinen Optimismus bewahrt und vor allem das Wörtchen „Seelenruhr“.

    Gelungen ist auch der Wortdreher in den Zeilen „Wo man gleich den Kern benennt und das Kind beim Namen kennt“. Das bringt die Sache direkt doppelt auf dem Punkt, denn es verdeutlicht nicht nur die allgemeine Direktheit, die hier vorherrscht, sondern auch die Widersprüchlichkeit einer Region, in der Elitedenken verpönt ist, und der Anwalt in die Pommesbude genauso willkommen ist, wie der Arbeiter im Theater.

    Hier sind die Dinge eben nicht nur „in Stein gemeißelt“, sie sind „in Stahl gebaut“…es ist halt, wie es ist.

    Auch das „Motto“ des Liedes „Komm zur Ruhr“ finde ich keinesfalls aufgesetzt, denn das ist nicht nur als eine Einladung zu verstehen, mal vorbeizuschauen, sondern als eine Aufforderung, sich auf das im Text beschriebene Lebensgefühl mal einzulassen, auch mal „Ruhri“ zu sein.

    Die einzige Stelle, die in meinen Augen ein wenig misslungen ist, ist „Dass der Rhein sich neu genießt, liegt an diesem Glücksgebiet“. Jetzt mal abgesehen davon, dass der Reim mehr als holperig ist, kommt damit eine Spur von Arroganz in die Hymne, die nicht so recht zum Text passen will. Es ist sicher richtig, dass aus dem Ruhrgebiet so einiges „fließt“ wovon sogar ganz Deutschland profitiert, aber muss das wirklich besungen werden?

    Trotzdem, alles in allem ein sehr gelungenes Stück. Nicht typisch Grönemeyer, aber der musikalische Mix aus typischer Hymnenmusik und Bergarbeiterchören passt zum Ruhrgebiet wie der Hammer auf den Amboss.

  6. […] Popsängerin Kesha steigt mit ihrem Song "TiK ToK" neu auf Platz zwei der media control Single-Charts ein. Momentan verdereht die blonde Schönheit, die übrigens auch in Flo Ridas HipHop-Hammer "Right Round" zu hören ist, vielen Männern den Kopf. Nun wirbelt sich nicht nur die Männerwelt, sondern auch durcheinander. Herbert Grönemeyer debütiert mit seiner Ruhrgebietshymne "Komm zur Ruhr" auf Rang sieben. Über den Song haben wir bereits an anderer Stelle ausgiebig berichtet (siehe hier). […]

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